»Der Schimmel weiß, Jack, der Schimmel weiß«

Die Bühneninszenierung eines Horror-Comedy-Films über sprechenden Schimmel ist sicher keine leichte Aufgabe. Dafür hat man mit der Uraufführung von Motivational Growth im ThOP jedoch überzeugende Arbeit geleistet. Besonders das Bühnenbild ist stark, auch wenn das Stück teilweise so verrückt ist, dass Realität und Imagination in einem Strudel grotesker Ereignisse verschwimmen.

Von Marlene Schmidt

Bilder: Désirée Stoll

Adaptiert nach dem gleichnamigen Film von Don Thacker, bringt Oliver Goepfert im ThOP Motivational Growth als Horror-Comedy-Stück zum ersten Mal auf die Theaterbühne. Genau wie im 2013 erschienenen Film geht es in dem Stück um Ian B. Folivor (Peter Witt), der seit 16 Monaten seine verwahrloste Wohnung nicht verlassen hat. Für ihn sind sein Fernseher, liebevoll »Kent« genannt, und der tägliche Gang zum Klo die einzige Abwechslung in seinem traurigen Leben. Als sein Fernseher auch noch kaputt geht, beschließt er, der Leere in seinem Leben ein Ende zu bereiten und Suizid zu begehen.

Ein Schimmelpilz wird Therapeut

Doch Ian wacht wieder auf, und auf einmal beginnt der Schimmel (Johannes Uhlig) in seinem Badezimmer, mit ihm zu reden und ihn aufzubauen. Allerdings übernimmt der Schimmel nach und nach die Kontrolle über Ians Leben (oder etwa seinen Tod?).

Das Stück ist so grotesk, wie es sich anhört – und das Thema ist sicher nichts für jede:n. Wer sehr empfindlich gegenüber ekligen Darstellungen ist (Schimmel, Erbrochenes etc.) sollte sich zweimal überlegen, die Vorstellung zu besuchen. Zudem verschwimmen die Unterschiede zwischen Realität und Imagination bis zur Unkenntlichkeit. Wer also ein Stück mit einer klaren Aussage möchte, ist hier falsch. Gerade das Ende bleibt sehr rätselhaft und auch nach Recherche im Netz findet man keine eindeutige Erklärung. Motivational Growth ist also eine kleine Herausforderung für die Zuschauer:innen.

Tolles Bühnenbild und überzeugende Kostüme

Ian (Peter Witt, 2.v.l.) und Schimmel (Cédric Frein, Johannes Uhlig und Yvette Siebert, v.l.n.r.) in Motivational Growth. Bild: Désirée Stoll

Wen das aber alles nicht stört, dem wird eine Aufführung geboten, die auf jeden Fall überraschen wird. Schon das Programm ist liebevoll gestaltet und gibt Auskunft über das Fernsehprogramm auf Ians »Kent«, das die Zuschauer live mitanschauen können: Nils Achtergarde, Erik Bosse, Sophia Heidenreich spielen auf dem oberen Teil der Bühne Szenen aus Star Trek, Wetten, dass…? oder Tatort.

Die Bühne ist für das Stück optimal genutzt. Der rechteckige Raum ist geteilt in Wohnzimmer und Badezimmer. Der Mikrokosmos der Einzimmerwohnung ist ein tolles Bühnenbild, das alle Schauspieler:innen wunderbar ausspielen. Die Welt außerhalb der Wohnung bleibt, wie auch für Ian, ein Mysterium, das er nur durch den Türspion betrachtet. Allerdings bekommt Ian im Laufe des Stücks immer öfter unangenehmen Besuch in der Wohnung.

Während sich die Person Ian dem:r Zuschauer:in erschließt, sind alle anderen Figuren extrem überzogen. Besonders das Auftreten von Vermieter und Schimmel ist unangenehm und verstörend. Beide schreien vor allem viel rum. Auch die Fernsehszenen sind zwar eine tolle Idee, die sich durch die häufige Verwendung zum Ende hin aber abnutzt.

Verrückt, aber sicher nicht langweilig

Info

Weitere Vorstellungen von Motivational Growth gibt es am 5., 6., 8., 9. und 10. Dezember.

Trotzdem unterhält das Stück. Langeweile wird bei der Fülle an Besucher:innen in Ians kleiner, dreckiger Wohnung sicherlich nicht aufkommen. Auch die kleinen philosophischen Unterhaltungen mit dem Schimmel, der als ewig wachsendes Wesen »das Leben schlechthin« symbolisiert, sind manchmal sehr lustig.

Somit ist das Stück auf jeden Fall einen Besuch wert. Vielleicht hat sich das Ende besonders für diejenige geklärt, die bei den Vorstellungen am 2. und 3. Dezember vor Ort waren, bei denen der Regisseur Don Thacker für eine Publikumsdiskussion vor Ort war…

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